Deutschland: Kein Aufschwung in Sicht

Die deutsche Wirtschaft bietet ein trauriges Bild. Innerhalb der Währungsunion wird Deutschland 2023 zu den wenigen Ländern gehören, deren Wirtschaftsleistung erkennbar schrumpft. Unter den Nachbarstaaten sieht es nur in Österreich ähnlich schlecht aus. Das unterdurchschnittliche Abschneiden hat strukturelle Gründe. So ist der Anteil der Industrie an der Wirtschaftsleistung in Deutschland mit über 20% besonders groß und gerade das verarbeitende Gewerbe steckt derzeit weltweit in einer schweren Krise. 

Darüber hinaus war der Energiepreisschock in Deutschland – unter anderem wegen der starken Abhängigkeit vom russischen Gas – überproportional groß. Schließlich ist die Verknüpfung zu China viel enger als in anderen westlichen Industrieländern. Von der aktuellen Schwäche im Reich der Mitte ist Deutschland damit ebenfalls prominent betroffen. 

Die Bundesregierung versucht nunmehr mit einem Strompreispaket für die Industrie neuen Aufwind zu erzeugen. Kernstück ist die Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß. Könnte dies zum Game Changer werden? Wahrscheinlich nicht, denn für die energieintensiven Industrieunternehmen ist die Entlastung nur eine Kompensation für den Wegfall des sogenannten Spitzenausgleichs. Letzterer ermöglichte es bislang rund 9.000 Unternehmen, sich einen Großteil der Stromsteuer erstatten zu lassen. 

Für alle übrigen Unternehmen sinkt der Strompreis im Durchschnitt um ca. 1,5 bis 2,0 Cent pro kWh. Damit dürften die deutschen Energiekosten im internationalen Vergleich weiterhin vergleichsweise hoch bleiben. Vor allem aber ändert sich beim Thema der künftigen Energiesicherheit nichts.

Gleichzeitig bietet die Konjunktur derzeit kaum Lichtblicke. Im September ist die Industrieproduktion erneut deutlich geschrumpft (-1,4%) und für Oktober deutet sich ein weiterer Rückschlag an. Ein Indiz dafür ist der anhaltende Abwärtstrend beim Lkw-Maut-Fahrleistungsindex.  

In Anbetracht dessen setzen viele Analysten auf das kommende Jahr. Dann soll die deutsche Wirtschaft wieder um 0,5% bis 1,0% expandieren. Wir teilen diesen Optimismus nicht. In unseren Augen hat die Wirkung der restriktiven Geldpolitik noch nicht ihr Maximum erreicht. Vielmehr steht etwa bei den Wohnbauinvestitionen das dicke Ende erst noch bevor. Auch für den Rest der Wirtschaft gibt es angesichts der weltweiten Nachfrageschwäche bei gleichzeitig kräftig gestiegenen Zinsen wenig Gründe, das Investitionsbudget aufzustocken. 

Zumal sich der Export weiter abschwächen sollte, denn mit der US-Wirtschaft dürfte der letzte Fels in der Brandung 2024 ebenfalls ins Wanken geraten. Beim Konsum ist der Ausblick ambivalent. Höhere Lohnabschlüsse sorgen zwar für eine Stärkung der Kaufkraft. Im Gegenzug trüben sich jedoch inzwischen die Arbeitsmarktperspektiven ein. Aus unserer Sicht ist daher im Jahr 2024 in Deutschland bestenfalls von einer stagnierenden Entwicklung beim BIP auszugehen. In den übrigen Euroländern sieht es nicht besser aus. Unter anderem laufen hier die Corona-Nachholeffekte im Freizeit- und Tourismussektor aus. 

Man kann es drehen und wenden, wie man will, es spricht viel dafür, dass die Wachstumsschwäche in der Eurozone anhält. Dem können sich auch die Währungshüter in Frankfurt nicht entziehen. Anfang 2024 werden die Zinssenkungsdebatten zunehmen, wovon Bundesanleihen profitieren sollten. Wir gehen entsprechend bis Mitte 2024 von einem übergeordneten Rendite-Abwärtstrend aus.

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