Nach schwachem Jahresauftakt grünes Licht für Staatsanleihen

Die schwache Entwicklung von Anleihen seit Jahresanfang hat viele Anleger enttäuscht. Inzwischen hat sich das charttechnische Bild aber insbesondere für US-Treasury-Renditen deutlich aufgehellt. Und die Renditen deutscher Bundesanleihen dürften – bei einer Bestätigung der Trendumkehr – ebenfalls in einen übergeordneten Abwärtstrend übergehen. Dafür sprechen die politische Unsicherheit in Frankreich und die gesunkene Volatilität am Anleihenmarkt. Entsprechend ist in den nächsten Monaten mit Kursgewinnen zu rechnen. Abgesehen davon sind Anleihen wegen der relativ hohen Renditen weiterhin attraktiver als Aktien – zumindest dann, wenn man nur die Dividenden betrachtet.

Europäische Anleihen sind mit einem Ergebnis von -0,8% – gemessen am »ICE BofA Euro Broad Market Index« – im Jahr 2024 bisher weit hinter den Erwartungen der Anleger vom Jahresbeginn zurückgeblieben. Einem Zins- und Spreadertrag von +1,7% stand ein Kursverlust, resultierend aus dem Zinsanstieg, von -2,5% gegenüber. Ursächlich hierfür waren die falkenhaften Töne der Notenbanken, die angesichts der zähen Inflationsentwicklung und robusten Konjunktur aufkamen. Die zu Jahresbeginn großzügig eingepreisten Leitzinssenkungserwartungen wurden daraufhin zu einem großen Teil ausgepreist. Für die Fed wird für 2024 derzeit noch eine Zinssenkung im November und eine weitere im Dezember erwartet. Für die EZB geht der Markt ebenfalls von zwei Senkungen im laufenden Jahr aus.

Die unbesorgte Haltung der Anleger spiegelt sich in der von Bloomberg errechneten Rezessionswahrscheinlichkeit für die USA und die Eurozone, die jüngst nur noch bei jeweils 30% lag und damit 30%-Punkte tiefer als vor einem Jahr. Die derzeit grundsätzlich positive Risikostimmung führt zu einer höheren Ertragserwartung der Anleger gegenüber Aktien und höher verzinslichen Anleihen als gegenüber hochqualitativen Staatsanleihen. Darüber hinaus scheinen Anleger angesichts der falkenhaften Haltung der Zentralbanken und der erhöhten Goldnachfrage aus Asien eher geneigt, als sicheren Hafen das Edelmetall zu bevorzugen. Aus der Sentimentperspektive fehlt es Anleihen daher an einer breit angelegten Risk-off-Bewegung, die Raum für tiefere Zinsen schafft. Kurzfristig könnte eine solche Bewegung durch die vorgezogenen französischen Parlamentswahlen und die damit einhergehende politische Unsicherheit in Gang kommen.

Die CFTC-Daten für 10-jährige US-Treasuries – ein Indikator für die Positionierung der Marktteilnehmer – verdeutlichen einmal mehr die skeptische Positionierung der Investoren gegenüber Anleihen. So entfielen weiterhin rekordhohe 62% der ausstehenden Future-Kontrakte auf Short-Positionen. Auf Long-Positionen entfielen nur 38%. Für 2-jährige US-Treasuries liegt der Wert für Short-Positionen sogar bei 75%. Fallende Zinsen bergen damit das Potenzial, einen Short-Squeeze auszulösen, bei dem sich die short positionierten Anleger eindecken müssen.

Anleihen weiterhin relativ attraktiver als Aktien

Aus Sicht der relativen Attraktivität bleiben Anleihen gegenüber Aktien interessant. Gemessen an der Dividendenrendite des breiten Eurostoxx von 3,6%, der die rund 300 liquidesten Titel umfasst, bieten europäische Unternehmensanleihen mit 3,8% immerhin 0,2%-Punkte Mehrrendite. Gemessen am US-Dividendenindex »Dow Jones Select Dividend Index« erhalten Anleger eine Dividendenrendite von 4,7%, während US-Treasuries mit einer Laufzeit von einem Jahr derzeit 5,1% Rendite bieten und US-Anleihen (gemessen am »ICE BofA US Broad Market Index«) 5,0% Rendite. Darüber hinaus ist die Anleihenvolatilität (gemessen am MOVE-Index) – einem Volatilitätsmaß für US-Treasuries – deutlich rückläufig. Die seit vielen Monaten erhöhte Volatilität hatte einige Anleger abgeschreckt. Eine tiefere Schwankungsbreite könnte wieder die Nachfrage steigen lassen.

Unterschiedliche Charttechnik-Aussage für Bundesanleihen und US-Treasuries

Das charttechnische Bild für 10-jährige US-Treasuries hat sich deutlich positiv entwickelt. So haben die Renditen ihren Aufwärtstrendkanal nach unten verlassen und dabei die 200-Tage-Linie sowie das mittlere Bollinger-Band bis auf ein Niveau von 4,20% unterschritten. Sämtliche gleitenden Durchschnitte sind abwärtsgerichtet und deuten auf fallende Renditen hin. Unterstützt wird das positive Bild von einem Kaufsignal des Momentum-Indikators MACD. Die nächste Unterstützung könnte bei 4,15% (zyklisches Tief) erreicht werden. Wird diese unterschritten, dürfte der Weg bis auf die markante 4,0%-Marke geebnet sein. Ein Anstieg über die Marke von 4,35% (200-Tage-Linie) respektive 4,40% (mittleres Bollinger-Band) würde den neu etablierten Abwärtstrend unterbrechen.

Für die Renditen 10-jähriger deutscher Bundesanleihen (aktuelles Niveau: 2,42%) ist das charttechnische Bild moderat positiv. Jüngst wurde das mittlere Bollinger-Band, ebenso wie die 200-Tage-Linie bei 2,47%, nach unten durchbrochen, was für eine Trendumkehr spricht. Die kürzer orientierten gleitenden Durchschnitte (5, 20 Tage und exponentieller gleitender Durchschnitt) sind bereits abwärtsgerichtet. Zudem generiert der MACD-Indikator bereits ein Kaufsignal. Von einer voreiligen Umpositionierung ist jedoch noch abzuraten. So handelten die Renditen bislang noch innerhalb des Aufwärtstrendkanals. Eine Bestätigung des Trendbruchs auf Schlusstagesbasis beziehungsweise mehrtägiger Basis bleibt abzuwarten. Bei einer Bestätigung wäre der Weg bis auf ein Renditeniveau von 2,33% geebnet. Das nächste Ziel wäre dann das Jahresanfangsniveau bei 2,16%. Wird die Trendumkehr im weniger wahrscheinlichen Fall nicht bestätigt, so ist mit einer Fortsetzung des Aufwärtstrends und einem Anstieg bis auf 2,60% zu rechnen.

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